Headgear-Kieferorthopädie
Definition
- überträgt über eine festsitzende oder herausnehmbare Apparatur Kräfte auf Zähne, Zahngruppen, OK-Knochen
- oft bei Klasse II/1 angewendet
- tägliche Tragedauer: 16 std.
Indikation
- Verankerungskontrolle (orthodontische Wirkung)
stabilisiert nach Zahnextraktion die Stützzonen zur Distalisierung der Eckzähne bzw. Retraktion der FZ
- Zahnbewegung
Extrusion/Intrusion von Molaren & Front
Expansion/Kompression des Zahnbogens
- orthopädische Veränderung
- Kontrolle der Neigung der Okklusionsebene
- weitere Indikationen
Distalisierung der OK-Molaren für mehr Platz
Molarenaufrichtung bei Klasse II
kleine transversale & vertikale Korrekturen der Molaren
Ausgleich asymmetrischer Seitenzähne-Stellungen
Kontraindikation:
Offener Biss & vertikaler Wachstum, da Gefahr der Bissöffnung
Aufbau
-
extraorale Kraftquelle (Kopfkappen/Nackenbänder)
- Kraftrichtung
- sagittal, aber durch veränderte Zugrichtung auch vertikal
- zervikaler Zug (C) → Extrusion der 6er
- horizontaler Zug (H) → reine Distalisation
- okzipitaler Zug (P) → Intrusion der 6er
- Kraftgröße
- zwischen 1-10N pro Seite
- 1-5N = orthodontische Kräfte
- 5-10N = orthopädische Kräfte
- Erzeugung der Kraft durch Spannung von Gummibändern, Gummiringen oder Spiralfedern
- Kraftrichtung
-
Kraftübertragung (durch Gesichtsbogen)
- 2 Außenarme
- Übertragung des Widerstandszentrums auf die Wange
- Innenbogen
- Kontakt nur an Molarenbändern, parallel zur Okklusionsebene
- 2-3mm Abstand zu Bukkalflächen bzw. Brackets
- 5-8mm Abstand von Inzisivi
- Kraftansatz (Molarenbänder, Brackets, herausnehmbare Platten, FKO)
- 2 Außenarme
Wirkung
- dentoalveoläre Verankerung: Distalisierung, Derotierung, Extrusion/Intrusion der Molaren möglich (1-4N)
- skelettale Verankerung: Hemmung des OK-Wachstum
7 Schritte nach Slitkowski
- Widerstandzentrum der zu bewegenden Einheit festlegen
- Kraftsystem bestimmen
- Widerstandszentrum auf Wange des Patienten markieren
- Auswahl des Zuges
- Angulation & Länge des Außenbogens
- Auswahl der Kraftgröße
- Verlaufskontrolle zur Anpassung der Kraftlinie & Kraftgröße
Headgear Wirkungsfeld
- I = direktes Wirkungsfeld, nach am Zahn/im Zahn (kontrollierter Kraftangriff)
- II = eingeschränktes Wirkungsfeld, etwas weiter weg (unkontrollierter Kraftangriff, Rotationszentrum im Zahn bzw. Feld I)
- III = ausschließlich Rotation (R = W) , noch weiter weg
fraktionierte Molarenbewegung
- zweiphasiges Distalisieren (zuerst Distalkippen der Krone, dann Aufrichten der Wurzel)
- zervikaler Headgear, langer Außenarm 15° nach kaudal, Kraftvektor durch Kronenspitze → Distalkippung der Krone, leichte Extrusion
- zervikaler HG, langer Außenarm 15° nach kranial, Kraftvektor durch Wurzelspitze → Distalkippung der Wurzel
- occipitaler HG, kurzer Außenarm nach kaudal oder längerer nach kranial, Kraftvektor durch Wurzelspitze
verschiedene Headgear-Systeme
-
A)orthodontische Wirkung
- Zahnbewegung (2-4N)
- sagittale, vertikale, transversale Verankerungskontrolle (1-2N)
-
B)orthopädische Wirkung
- ab 5N
- Kontrolle der Neigung der Okklusionsebene
- Reduktion des OK-Wachstums nach anterior
A)orthodontischer Headgear
- zervikaler HG mit langen, nach kaudal/kranial gewinkelten Außenarmen
- horizontaler HG mit kurzen Außenarmen
- hoher okzipitaler HG mit kurzen/langen Außenarmen
A.1)zervikaler HG mit langen nach kaudal gewinkelten Außenarmen
-
Wirkung
- Rotation um Widerstandszentrum
- Distalisierung: Krone nach distal, Wurzel nach mesial
- Extrusion
-
Indikation
- mesial gekippte OK-6er
- Klasse II Okklusion mit skelettaler Klasse I
-
Kontraindikation
- offener Biss & vertikales Wachstum
- nicht von Oberlippe bedeckte OK-Front
- Cave: Anwendung nur 4-10 Monate, sonst zu extreme Distalkippung & unerwünschte Rotation des UK nach dorsal & kaudal
A.2)zervikaler HG mit langen nach kranial gewinkelten Außenarmen
-
Wirkung
- Wurzel kippt nach distal, Extrusion, Distalisierung des Zahnes
-
Indikation
- Aufrichtung von nach distal gekippten OK-6ern
- Korrektur skelettaler Klasse II
-
Kontraindikation
- offener Biss & vertikales Wachstums
- Cave: Gefahr einer Rotation des UK nach dorsal & kaudal
A.3)horizontaler HG mit kurzen Außenarmen
-
Wirkung
- Kraftresultierende unterhalb Widerstandszentrums
- keine Rotation, reine Distalisation
-
Indikation
- vertikaler Wachstumstyp
- Korrektur skelettaler oder dentaler Klasse II
- Verankerungseffekt auf OK-Molaren, wenn Extrusion unerwünscht ist
-
Kontraindikation
- horizontaler Wachstumstyp, wenn 6er-Extrusion erwünscht
A.4)Okzipitaler HG mit kurzen Außenarmen
-
Wirkung
- Kraftresultierende oberhalb Widerstandszentrums
- Intrusion, geringe Distalisierung der Molaren
-
Indikation
- vertikaler Wachstumstyp
- skelettal offener Biss in Kombi mit dentalem Tiefbiss
-
Kontraindikation
- horizontaler Wachstumstyp
- wenn starke Distalisation der Molaren erwünscht ist
A.5)Okzipitaler HG mit langen Außenarmen
-
Wirkung
- Kraftresultierende unterhalb Widerstandszentrums
- Intrusion, Kronen der Molaren werden nach distal gekippt
-
Indikation
- skelettal offener Biss
- vertikaler Wachstumstyp
-
Kontraindikation
- horizontaler Wachstumstyp
- wenn starke Distalisation der Molaren erwünscht
B)orthopädischer Headgear
- zervikaler HG mit nach kaudal/kranial gewinkelten Außenarmen
- posteriorer High-Pull-HG
B.1)zervikaler HG mit nach kaudal gewinkelten Außenarmen
- Okklusionsebene wird nach posterior & kaudal geschwenkt, Bissvertiefung
- Distalisierung der OK-Zähne
- Hemmung der Mesialbewegung
B.2)zervikaler HG mit nach kranial gewinkelten Außenarmen
- Okklusionsebene rotiert nach anterior
- Bissöffnungstendenz
- stärkere Elongation der Molaren & schwächere der Inzisivi als wachstumsbedingt
- verringert Klasse II
B.3)Posteriorer High-Pull-HG
- Wirkung
- Distalisation der OK-Zähne, wenig Extrusion
- Indikation
- Klasse II ohne Tiefbiss